Über Angst neu denken

11. Okt 2019 | Mein Blog für Merle

Angst neu denken

Liebe Merle,

Alpträume und Ängste bei Kindern

vor einigen Tagen hast du mich abends über FaceTime angerufen. Du lagst mit deinem Papa auf deinem Bett. Es war kurz vor dem Schlafen gehen. „Oma, der Traumfänger, den du mir geschenkt hast, funktioniert nicht“, sagtest du etwas kläglich.

Ich fragte, was denn passiert sei und du erzähltest mir von deinem Traum. Dein Bericht über deinen Traum endete mit dem Satz „…..und dann war ich auf dem Berg, und da wollte mich das Monster fressen.“ Ich fragte, „und was ist dann passiert?“ „Ich bin aufgewacht und habe laut geweint, bis der Papa gekommen ist.“ Dein Papa bekräftigte im Hintergrund das Gesagte. Er nickte ebenfalls sorgenvoll und gespielt kläglich. Scheinbar habt ihr alle in der Nacht nicht so gut geschlafen.

„Na ja“, sagte ich, „der Traumfänger hat doch dann funktioniert, denn du bist aufgewacht, und der böse Traum war weg.“

Irgendwie schien dich das wieder zu beruhigen. Als ich sagte, dass ich dir noch einen weiteren Traumfänger schenken werde, war deine Sorge schon wieder verschwunden. Ich soll dir einen mittleren und einen noch größeren kaufen, so deine Ansage. Am Besten in Rot, Lila, Rosa oder Weiß, denn das sind die Farben, die du liebst.

Mein kleiner Schatz, ich hoffe, dass du nach unserem Telefonat gut geschlafen hast, ohne einen bösen Traum. Wegen deinem Erlebnis möchte ich dir heute etwas über die Angst schreiben. Die Angst ist nicht greifbar. Du kannst sie nicht anfassen und du kannst sie nicht sehen. Angst entsteht in deiner Fantasie und aufgrund deiner Gedanken, Überzeugungen und Erlebnisse. Manchmal übernimmst du auch Angst von anderen, von deinen Freunden, oder auch von deiner Familie.

Angst, die wir empfinden, wenn wir etwas sehen oder tun sollen

Weißt du noch, als du Fahrradfahren gelernt hast?

Angst überwindenDu hattest Angst alleine loszufahren. Dann hat dein Papa dich festgehalten während du gefahren bist. Kurze Zeit später hat er dich losgelassen und du hast es gar nicht gemerkt. Erst als du nach Hinten geschaut und gesehen hast, dass er weit hinter dir ist und dich nicht mehr festhält, hattest du wieder Angst.

Ein anderes Beispiel ist, wenn Menschen z.B. über eine Hängebrücke gehen müssen, die ganz schön wackelt. Viele haben Angst über Brücken zu gehen, weil sie denken, die Brücke könnte einstürzen, oder sie könnten von der Brücke herunterfallen.

Angst, die nur in unseren Gedanken entsteht

Diese Angst ist da, obwohl von außen nichts geschieht, oder etwas getan werden soll.

Sensible Kinder – so wie du – machen sich viele Gedanken. Als du mit mir telefoniert hast, warst du im Bett und hattest die Sorge, dass du wieder schlecht träumen könntest und weinen würdest. Es machte dir Angst, weil es ja schon einmal geschehen ist und es somit ein Erlebnis ist.

Manche Kinder entwickeln auch Ängste aufgrund des Verhaltens anderer, wenn sie beispielsweise unangenehme Rückmeldungen bekommen. Sätze wie, „du bist nicht lieb“, oder „du bist soooo schlimm“, führen dann dazu, dass sie Angst haben, dass ihre Freunde sie nicht mögen, oder dass sie kritisiert oder bestraft werden, z.B. in der Schule, wenn sie etwas vergessen habe.

Das Tier Baby

Wie kannst du in Zukunft mit deiner Angst umgehen?

Es ist ganz wichtig, dass du die Angst nicht bekämpfst oder versuchst, sie nicht zu beachten, denn unterdrückte Angst führt zu Alpträumen und zu Angstattacken. Man nennt es auch Panikattacken.

Deshalb kannst du in Zukunft, wenn du Angst spürst, über die Angst neu denken.

Stell dir einfach vor, dass die Angst ein Tier Baby ist, das du in den Arm nehmen kannst. Welches ist dein Lieblingstier? Meins ist der Pinguin, deshalb nehme ich für das Beispiel den Pinguin. Du könntest also sagen: „Hallo Angst, hallo kleiner Pinguin, ich nehme dich auf meinen Arm und ich will dein Freund sein, denn ich habe dich ja selbst mit meinen Gedanken erschaffen. Und weißt du was kleiner Pinguin, du darfst Angst haben. Vor was hast du denn Angst, ich bin doch bei dir, es passiert dir nichts? Ich beschütze dich. Du weißt doch, dass du – wenn du Angst hast – meist nichts passiert. Weißt du noch wie es beim Fahrrad fahren war? Du hast gelernt dir zu vertrauen. Du weißt jetzt, dass du alleine Fahrrade fahren kannst. Oder die Angst im Traum. Du bist aufgewacht und hast gemerkt, dass es nur ein Traum war. Mein kleiner Pinguin, es ist gar nichts passiert.“

Angst schenkt Vertrauen

Wenn du das tust, wird die Angst ein Teil von dir und gehört zu deinem Leben. Nimm deine Angst wie ein Geschenk an, oder nimm sie in den Arm und kümmere dich mit Freude darum. So wirst du lernen, dass Angst nicht Schlechtes sondern etwas Gutes ist, das dich vorsichtig und achtsam sein lässt, dich warnt und vor allen Dingen, dir viel Mut und Selbstvertrauen schenkt (so wie beim Fahrradfahren lernen).

Weißt du noch, als du noch sehr klein warst und wir im Aachener Zoo waren? Du hattest Angst davor, den kleinen Ziegen und Rehen Futter zu geben und die Hand immer zurückgezogen, so dass das Futter heruntergefallen ist.

Vor kurzem hat mir dein Papa ein Bild geschickt, auf dem du ein Reh nicht nur gefüttert, sondern auch gestreichelt hast.

Angst überweinden Angst und Vertrauen

 Und genauso kannst du in Zukunft mit deiner Angst umgehen. Deshalb ist eine weitere Grundannahme für eine erfolgreiche Persönlichkeitsentwicklung:

Angst schenkt dir Vertrauen. Und wenn du dir vertraust, kannst du Entscheidungen treffen. Und wenn du Entscheidungen triffst, erreichst du das, was du dir wünschst.

Denk immer daran. Ich habe dich lieb mein kleiner Schatz.

Deine Oma Lisa

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